Die Neue Versorgungskommunikation als Protestform und Beitrag zur Gesundheitskultur

Die Neue Versorgungskommunikation kann als Protestform, als Ausweg und als Durchbruch im Sinne einer sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen erkennbaren neuen Aufklärung verstanden werden. Gemeinsam ebnen wird den Weg für eine gelingende Gesundheit durch menschliche Kommunikation und Interaktion und leisten so einen Beitrag für eine neue Gesundheitskultur. Kommunikation sollte in seiner Klarheit der wissenschaftlichen und datengestützten Präzisionsmedizin folgen.

Die Neue Versorgungskommunikation versteht sich als Teil der Leistungserbringung und gilt als Querschnittdisziplin, die gemeinsam mit medizinischen Fachbereichen und Managementdisziplinen auf Augenhöhe agiert.

Die Neue Versorgungskommunikation inspiriert die Vorstufe eines zunehmend von den Fehlstellungen eines kapitalistischen Systems, das sich darauf verständigt zu haben scheint, Profit weniger aus Lösungen, sondern vermehrt aus der Kompensation selbst verursachter Probleme zu erwirtschaften. Ein unterfinanziertes Gesundheitswesen versucht sich in marktradikaler Tendenz von planwirtschaftlichen Eigenheiten zu befreien.

Das ist keine Fundamentalkritik gegen ein Wirtschaftssystem, sondern Realismus. Der Kapitalismus trägt keine Schuld an der Mangelwirtschaft im Gesundheitssystem. Auch hier darf man jedoch von einem vorauseilenden Gehorsam sprechen, wenn wir auf jene mahnenden Worte vertrauen, wie sie Colin Mayer in Mayer, 2023 attestiert. Eigentlich sorge Profit für Fortschritt auf vielen Ebenen. Auf den Fortschritt folgt dann Wohlstand. Profit erwirtschaftete sich einst aus Lösungen. Heute profitieren viele von den Problemen, die der Kapitalismus selbst hervorbringt. Emergente Phänomene im Sinne des Fortschritts rücken in Krisenzeiten in weite Ferne, wenn unter Lösung größtenteils die Kompensation von Problemen verstanden wird. Dabei muss einem auffallen, dass ausgerechnet der Begriff Gesundheitssystem unpassend erscheint, wenn der Profit und das Wirtschaften von Gesundheitseinrichtungen auf der Kompensation von Krankheit beruhen. Krankheit ist ein Problem und wie einleitend angedeutet, zieht auch eine manipulative PR weniger gern auf Lösungen, sondern setzt auf den umerzählten Menschen (als Patient).

Zunehmend unter ökonomischem Druck stehende Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhaus und Arztpraxis finanzieren keinen medizinischen Fortschritt. Sie profitieren bestenfalls von den wissenschaftlichen Erkenntnissen dieser Jahre und auch nur dann, wenn ihr Digitalisierungsgrad ausreicht. Das Kapital wird in andere Hoffnungswerte um eine datengestützte Medizin investiert. Wie Thomas Schulz in seinem Buch Schulz, 2018 betont, entsteht ein perfekter Nährboden für große Ideen und weltverändernde Entwicklungen durch Abermilliarden Wagniskapital rund um datengetriebene Geschäftsmodelle einer heran rollenden biologischen Revolution, die eine digitale Revolution sein wird. Seine Verheißungen aus dem Jahre 2018 lassen noch auf sich warten. Viele auf Daten basierende Geschäftsmodelle suchen Wege, Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Je eher wir Krankheiten vorhersagen können, desto weniger muss in heutiger Form kompensiert werden. Die Kompensation von Krankheiten gilt nicht als Basisinnovation und bringt die Wirtschaft nicht in Schwung, sondern kostet sie höchstens etwas (Händeler 2007).

Dieser Ausflug in das Feld digitaler Hoffnungen dient hier lediglich als Ansporn, sich den Möglichkeiten zu stellen, die bereits jetzt angegangen werden könnten. Plumpe Werbung für medizinische Verfahren, Eminenzmarketing und Expertenpositionierung mag für Krankenhäuser in einzelnen Situationen sinnvoll sein. Die oben bereits angesprochene Strukturelle Rationalität empfiehlt, Verantwortung neu zu denken und über einen längeren Zeitraum eine vernünftige Struktur in den Blick zu nehmen. Die Lösung liegt nicht in lebensverlängernden Prinzipien, die uns das Silicon Valley verspricht, sondern im Erledigen unserer Hausaufgaben im Hier und Jetzt als Startpunkt, langfristig in eine vernünftige Praxis der Gesundheitskommunikation zu kommen, die wir als Neue Versorgungskommunikation bezeichnen wollen.

Eine von Werten geleitete Kommunikation zeigt sich im kommunikativen Handeln, das von Verantwortlichen in Marketingabteilungen und Unternehmenskommunikationen ausgeht. Eine milde Protestform wäre, sich mit der Neuen Versorgungskommunikation aktiv auseinanderzusetzen.

Das Streben nach Profit hat unsere Motive von unseren Gefühlen darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein, entkoppelt, und die Moral des Geldes ist zu einem Widerspruch in sich geworden.

So schreibt Colin Mayer. Auch wenn europäische Gesundheitssysteme nicht dem amerikanischen Prinzip folgen, sollten wir doch rebellieren, wenn ein problemfördernder Kapitalismus Einzug hält, der Menschen nicht gesünder macht, weil er darin die Lösung sieht, sondern denjenigen Profit beschert, die von den Problemen profitieren. Im Falle ihres Scheiterns folgt üblicherweise der Reflex, die Regierungen sollen das Vakuum füllen, um die Daseinsfürsorge nicht infrage zu stellen. Dieses Spiel geht nicht unendlich so weiter und wir glauben an den konstruktiven Protest und einen Neubeginn durch kommunikatives Handeln, das sich in erster Linie an der Lösung beteiligt.

Provokation

Die Versorgungskommunikation ersetzt den Propagandasprecher einer absatzorientierten Leistungsvermarktung.

Das ist die Provokation schlechthin und rüttelt ein Stück weit auf, warum wir Versorgungskommunikation aus Gründen betreiben sollten.

Diese provokante Aussage unterstreicht die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Gesundheitskommunikation. Statt einer reinen Vermarktungsstrategie setzt die Neue Versorgungskommunikation auf einen ganzheitlichen, ethisch fundierten Ansatz. Sie zielt darauf, das Vertrauen zwischen Gesundheitsdienstleistern und Patienten zu stärken und eine transparente, patientenorientierte Kommunikation zu fördern.

Wertekanon und Prämissen

Wer Gesundheitskommunikation im Sinne der Neuen Versorgungskommunikation als Handlung begreift, folgt den vier Essenzen im Sinne normativer Werte. Werte

Diese vier Essenzen – Verantwortlichkeit, Genügsamkeit, Befähigung und Kooperation – bilden das ethische Fundament der Neuen Versorgungskommunikation. Sie leiten das kommunikative Handeln im Gesundheitswesen und fördern eine patientenorientierte, ressourcenschonende und partnerschaftliche Gesundheitsversorgung. Durch die konsequente Anwendung dieser normativen Werte kann die Neue Versorgungskommunikation einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und zur Stärkung des Vertrauens zwischen allen Beteiligten leisten.

Überwindung des Quietismus unter Kommunikationsbeauftragten

Quietismus im Kontext der Gesundheitskommunikation bezieht sich auf eine problematische Haltung, die sich in den letzten Jahren bei vielen Akteuren im Gesundheitswesen entwickelt hat. Diese Haltung äußert sich in zweierlei Hinsicht:

  1. Eine zur Schau getragene Lethargie: Viele Kommunikationsverantwortliche im Gesundheitswesen zeigen eine oberflächliche Gleichgültigkeit gegenüber den Herausforderungen und Möglichkeiten effektiver Kommunikation.